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DAS SPRUNGBRETT EUROPAS

  1. Intro
  2. Lucas Andersen
  3. Mikkel Damsgaard
  4. Evander
  5. Fazit

1. Intro

Im Rahmen unserer Analyse der dänischen Superliga kommen wir nicht dran vorbei drei bestimmte Spieler etwas genauer zu betrachten, die in der Saison 2019/20 durch besonders starke Leistungen auf sich aufmerksam machen konnten. Lucas Andersen führte Aalborg BK als Kapitän und Führungsspieler auf Platz 6 und somit zur Teilnahme an den Meisterschaftsplayoffs. Der FC Nordsjaelland belegte mit Mikkel Damsgaard den 5. Platz, wobei der Star des Teams so stark spielte, dass er den Verein inzwischen für 6,5 Mio. € in Richtung Italien zu Sampdoria Genua verlassen hat. Der dritte Spieler im Bunde hat nach dem Wechsel von Mohammed Kudus zu Ajax Amsterdam nun mit 7 Mio. Euro den höchsten Marktwert aller Profis in der dänischen Liga: Evander da Silva Ferreira (kurz: Evander) gewann in seiner zweiten Saison in Europa mit dem FC Midtjylland die Meisterschaft und überzeugte dabei auf ganzer Linie.

Wir haben uns die statistischen Daten der Superliga-Saison 2019/20 und der ersten Partien der neuen Spielzeit im Detail angeschaut, um euch die Stärken und Schwächen aller Spieler näher zu bringen. Zusätzlich wagen wir einen Ausblick, denn gerade bei Evander dürfte ein Wechsel in eine Topliga nur noch eine Frage der Zeit sein.

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2. Lucas Andersen – Der stille Kapitän

Lucas Andersen ist auf dem linken Flügel zuhause, mit 26 Jahren befindet er sich im besten Fußballeralter und hat bereits eine interessante Laufbahn hinter sich. Seine Karriere begann in der Akademie von Aalborg BK, wo er im Alter von 16 Jahren bei den Profis debütierte und kurze Zeit später zu Ajax Amsterdam wechselte. Dort konnte er sich nicht durchsetzen und wurde erst ein Jahr an Willem II und danach zwei Saisons an die Grasshoppers Zürich verliehen. 2018 kehrte er zu Aalborg zurück und ist dort inzwischen als Kapitän absoluter Stammspieler.

Offensiv überzeugt Andersen als inverser Flügelspieler, der gerne mit seinem starken rechten Fuß nach innen zieht (6 Dribblings pro Spiel, 58% erfolgreich). In 27 Spielen erzielte er 10 Tore und bereitete 7 weitere direkt vor. Er verfügt über einen starken Abschluss aus der Distanz, aber setzt genauso gerne seine Mitspieler durch präzise Flanken oder Pässe hinter die gegnerische Abwehr in Aktion. Seine Passquote von 80% ist mehr als solide, wobei besonders hervorzuheben ist, dass er viele Schlüsselpässe (3 pro Spiel) und Pässe in den Strafraum (4,6 pro Spiel) spielt, von denen mehr als die Hälfte bei Mitspielern ankommen. Durch seine starke Technik und eine hohe Spielintelligenz übernimmt er in der Offensive von Aalborg häufig das Zepter. Teilweise hält er den Ball zu lange oder verliert ihn leichtsinnig, wodurch Konterchancen für den Gegner entstehen.

Defensiv läuft Andersen die gegnerischen Verteidiger hoch an, aber sein Pressing ist oftmals nicht hartnäckig genug. Defensivduellen geht er häufig aus dem Weg, da er mit einer Größe von 1,84m und ca. 72kg Gewicht eine eher schmächtige Statur aufweist und sich dadurch v.a. in Luftduellen häufig nicht durchsetzen kann. Er bestreitet pro Spiel durchschnittlich fünf Zweikämpfe auf dem Boden und zwei in der Luft von denen er jeweils nur ca. ein Drittel für sich entscheidet. Einen überdurchschnittlich niedrigen Wert weist er bei Foulspielen auf, da er durch sein passives Defensivverhalten kaum Fouls begeht.

In der neuen Spielzeit hat man in Aalborg die perfekte Offensivaufstellung noch nicht gefunden. Zu Saisonstart war Andersen leicht angeschlagen, später kam er dann zumeist zentral in der Sturmspitze zum Einsatz. Er kommt bislang erst auf 1 Assist, kreiert zudem 0,4 Chancen weniger pro Partie, da er v.a. im Zentrum eher als Abschlussspieler gesucht wurde. Doch diese Rolle mit dem Rücken zum Tor liegt dem 26-jährigen ganz und gar nicht, aus guten 1,8 Abschlüssen im Vorjahr wurden schwache 0,9. Der Wechsel zurück auf den linken Flügel im letzten Spiel gegen Randers tat Andersen sichtlich gut, hier lieferte er sein bislang bestes Saisonspiel ab.

Zusätzlich zu den sportlichen Stärken und Schwächen haben wir auch die Persönlichkeit aller Spieler genauer unter die Lupe genommen. Dabei ist auffällig, dass Andersen trotz seiner Rolle als Kapitän auf dem Platz eher ruhig agiert und wenige Anweisungen an seine Mitspieler gibt. Zudem entsteht der Eindruck, dass er trotz seines großen Potenzials mit seiner aktuellen Rolle zufrieden ist und keine Ambitionen zeigt, sich für bessere Clubs zu empfehlen. Bei einem möglichen Wechsel könnte ihm die fehlende Mentalität im Weg stehen, was auch möglicherweise der Grund für das Scheitern bei Ajax war.

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3. Mikkel Damsgaard – Der dänische Traum

Mikkel Damsgaard ist das große Vorbild für alle Talente seines Heimatvereins FC Nordsjaelland. Der Youngster durchlief sämtliche Jugendmannschaften der Kopenhagener Vorstädter, die extrem auf den eigenen Nachwuchs, sowie Talente aus der hauseigenen „Right to Dream“ Fußballschule in Accra, Ghana setzen. Er lief in der letzten Saison zumeist als linker Flügelspieler auf, ist jedoch auch als Stürmer oder im zentralen Mittelfeld einsetzbar. In seinen ersten beiden Profijahren konnte der quirlige Angreifer seinen Marktwert von 400.000 € auf 6,5 Mio. € steigern. In der letzten Saison gelangen ihm 11 Tore und 6 Assists in 35 Spielen. Seit dem 01. September steht er bei Claudio Ranieris Sampdoria Genua unter Vertrag, wo er im Alter von 20 Jahren seine ersten Entwicklungsschritte in einer europäischen Top-Liga gehen will.

Der Rechtsfuß fühlt sich laut eigener Aussage im Zentrum wohler, obwohl es in den letzten Jahren nicht seine Hauptposition war. Seine Stärken liegen ganz klar im Offensivspiel, wo er gerne mit langen Pässen seine Mitspieler in Szene setzt (81% Passquote) oder selbst den Abschluss sucht (2,1 Schüsse pro Spiel). Eigene Abschlüsse sucht er meist aus der Distanz, aber noch häufiger nutzt er seine sehr gute Übersicht und Spielintelligenz, um einen besser postierten Mitspieler durch einen Schlüsselpass/Torschussvorlage (2,8 pro Spiel) in eine erfolgsversprechende Situation zu bringen. Im Spielaufbau bewegt sich Damsgaard sehr viel und schafft dadurch immer wieder Räume für Mitspieler oder um selbst angespielt zu werden und den Angriff einzuleiten. Durch seine eher kleine Statur (1,76m) und einen tiefen Körperschwerpunkt ist er ein beweglicher und agiler Stürmer, der über eine hohe Ballkontrolle verfügt.

In der Defensive nutzt Damsgaard seine Dynamik und sein starkes Positionsspiel in erster Linie, um Passwege zuzulaufen und erste Anspielstationen im Spielaufbau des Gegners zu verhindern. Er gewinnt lediglich 40% seiner Defensivzweikämpfe, was häufig mit dem fehlenden Durchsetzungsvermögen zu tun hat, aber gilt dennoch als hartnäckig im Verhalten gegen den Ball. Seine Ausdauer hilft ihm dabei über die gesamten 90 Minuten das hohe Pressing durchzuführen, das beim FC Nordsjaelland von ihm gefordert wurde.

Auf persönlicher Ebene ist Damsgaard sowohl auf als auch neben dem Platz als eher ruhiger Typ zu beschreiben, der nicht viele Emotionen zeigt, aber dennoch stets eine positive Aggressivität und Leidenschaft ausstrahlt – ein typischer Skandinavier. Abseits des Spielfelds fällt er weder durch Skandale noch durch hohe Social Media Aktivität auf.

Die ersten Monate in Genua verliefen durchschnittlich für den frisch gebackenen dänischen Nationalspieler (Debüt am 11.11.2020) – in 7 möglichen Spielen stehen 3 Startelfeinsätze, 3 Einwechslungen, sowie 1 Tor und 1 Assist im Buche. Damsgaard kommt weiterhin fast ausschließlich auf dem linken Flügel zum Einsatz, über den Sampdoria mit die meisten Angriffe im Ligavergleich fährt – auffällig ist jedoch, dass man die geringste Effizienz aller 20 Serie A Teams bei Angriffen über die Seite des Dänen hat. War es vorher seine große Stärke den Nebenmann geschickt in Position zu bringen, kommt er aufgrund des deutlichen stärkeren Liganiveaus nur noch auf 0,17 erfolgreiche Schlüsselpässe/Spiel und knapp 0,8 eigene Abschlüsse. Auch die Zweikampf- und Passquote muss sich in den nächsten Spielen wieder auf einem höheren Level einpendeln, es bleibt definitiv spannend zu sehen wie der Karriere des Youngsters weiterverläuft.

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4. Evander – Der strategische Jütland-Brasilianer

Evander da Silva Ferreira – wiedereinmal ein Brasilianer mit einem Namen der für hohe Spielkultur steht! Geboren nahe der Copacabana von Rio ist Evander im zentralen Mittelfeld zuhause, beim FC Midtjylland wird er sowohl im defensiven als auch im offensiven Mittelfeld eingesetzt. Nach seiner Ausbildung bei Vasco da Gama wurde der 22-jährige in der Saison 2018/19 an den dänischen Meister ausgeliehen und anschließend unter Marktwert für 2.5 Mio. Euro per Kaufoption fest verpflichtet. Sein aktueller Vertrag läuft bis Sommer 2024, aber es ist davon auszugehen, dass er vor Vertragsende den Schritt in eine europäische Top-Liga wagen wird, nachdem er bereits in diesem Sommer mit dem FC Porto und Atlético Madrid in Verbindung gebracht wurde.

In der Offensive übernimmt Evander, dessen Spielstil zwischen einem Box-to-Box und einem Deep Lying Playmakers anzusiedeln ist, die Rolle des Spielmachers und Standardschützen, der sich u.a. durch gefährliche Freistöße und Ecken auszeichnet. Auch aus dem Spiel heraus ist eine seiner größten Stärken das Passspiel in den 16er (10 pro Spiel, 60% erfolgreich). Er bewegt sich extrem viel auf dem Spielfeld, sowohl in der Offensive als auch in der Defensive setzt er wichtige Akzente – fast 70 erfolgreiche Aktionen pro Spiel sprechen eine deutliche Sprache. Eine gute Passquote von 81% und 2,7 Schlüsselpässe pro Spiel zeigen seine Passstärke. Wenn Evander selbst den Abschluss sucht (3 Schüsse pro Spiel), versucht er es meistens aus der Mitteldistanz. In der vergangenen Superliga-Saison gelangen ihm so 8 Tore (2 von außerhalb des Sechzehners) und 10 Assists.

Die defensiven Stärken von Evander liegen im Positionsspiel und Tackling. Er führt zwar nur sieben Defensivzweikämpfe pro Spiel (44% erfolgreich), aber oftmals reagiert er sehr gut auf gegnerische Fehler und kann so Ballverluste erzwingen und ganze 6 freie Bälle pro Partie aufnehmen. Im Pressing agiert er nicht nur in der Zentrale, sondern rückt gerne auch auf Außen (primär nach links), um seine Mitspieler zu unterstützen. Mit vier Interceptions pro Spiel leistet er einen wichtigen Beitrag zum defensiven Erfolg des FC Midtjylland, aber liegt im Vergleich zu anderen Spielern auf seiner Position unter dem Durchschnitt. Durch seine eher kleine Körpergröße von 1,79m ist er in physischen Duellen nur selten erfolgreich.

In der neuen Saison läuft es für Evander bisher nicht ganz rund, er hat mit einigen Leistungsschwankungen zu kämpfen und kommt dementsprechend erst auf 2 Scorerpunkte. Erst in den letzten beiden Partien gegen Nordsjelland und den FC Kopenhagen kam er auf seiner favorisierten „10“ zum Einsatz, zuvor zeigte Leihrückkehrer Bozhidar Kraev hier starke Leistungen und Evander wurde eine Position nach hinten gezogen (Konkurrenz zu Frank Onyeka und Jens Cajuste). Gerade die Schlüsselpässe sind leistungs- und positionsbedingt extrem nach unten gegangen von durchschnittlich 2,7 auf knapp 1 pro Partie. Auffällig: In der Champions League Gruppenphase legte Coach Brian Priske den Fokus auf Tempo im Angriffsspiel und defensive Stärke auf der „6“. Dementsprechend war Neuzugang Sisto offensiv und das Duo Cajuste/Onyeka defensiv gesetzt – Evander kam dreimal nur von der Bank.

Im Gegensatz zu einigen südamerikanischen Kollegen gilt Evander als emotional stabil, der bisher nicht durch emotionale Ausbrüche aufgefallen ist. Er ist ein Teamplayer, der seine Mitspieler gerne unterstützt, aber teilweise agiert er zu egoistisch. Außerhalb des Spielfelds ist er eher zurückhaltend und teilt mit seinen Fans hauptsächlich Fußball-Inhalte oder Eindrücke aus dem Urlaub.

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5. Fazit

Alle drei Spieler sind ein Beispiel dafür, dass die dänische Superliga eine hervorragende Möglichkeit für junge, talentierte Spieler bietet, um sich weiterzuentwickeln und durch positive Leistungen Interesse aus europäischen Top-Ligen zu auf sich zu ziehen. Während Andersen über Umwege den Weg zurück in seine Heimat gefunden hat und sich dort in seiner Rolle wohlzufühlen scheint, wird es bei Damsgaard weiterhin spannend, wie er in der italienischen Serie A performt. Bei Evander ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis er sich ebenfalls einem Club in einer der fünf besten Ligen Europas anschließt, um sein Spiel auf das nächste Level zu heben. Dennoch bemerkt man bei allen drei betrachteten Spielern einen gewissen Leistungsabfall im Vergleich zur Vorsaison, den aber gerade die Superliga im Vergleich zur Serie A verzeihen kann. Wir sind gespannt wohin die Wege von Lucas Andersen, Mikkel Damsgaard und Evander in Zukunft führen und freuen uns darauf ihre Entwicklung weiter zu verfolgen – denn alle drei haben nach wie vor Verbesserungspotenzial in unterschiedlichen Bereichen.

Ein Gedanke zu „DAS SPRUNGBRETT EUROPAS“

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